Praxis Dr. med. Dr. paed. Dietger Heitele
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14. Möglicherweise neigen Sie zu depressiven Verstimmungen, denen Sie mit den Aufregungen beizukommen versuchen, die Ihnen eine labile Beziehung ständig bietet. Dazu ein Beispiel: Eine Klientin von mir, die jahrelang unter Depressionen gelitten hatte und mit einem Alkoholiker verheiratet war, verglich ihr Eheleben damit, jeden Tag einen Autounfall zu haben. Das dauernde Auf und Ab, die Überraschungen und Manöver, all das, was unvorhersehbar war und die Beziehung labil machte, versetzte ihrem Organismus ständig neue Schocks. Wenn Sie jemals einen Autounfall hatten, in dem Sie nicht ernsthaft verletzt wurden, haben Sie vielleicht etwa einen Tag nach dem Ereignis eine Art Hochgefühl erlebt. Durch den extremen Schock wurde nämlich ganz plötzlich ungewöhnlich viel Adrenalin freigesetzt. Dieses Adrenalin war verantwortlich für Ihr Hochgefühl. Wenn Sie eine Frau sind, die mit Depressionen zu kämpfen hat, suchen Sie unbewußt nach Situationen, die für Sie erregend oder aufwühlend sind, wie etwa ein Autounfall (oder die Ehe mit einem Alkoholiker), so daß durch ständiges Hochgefühl Niedergeschlagenheit gar nicht erst aufkommen kann. Depressionen, Alkoholismus und Eßstörungen stehen in enger Beziehung zueinander und scheinen Gemeinsamkeiten in genetischer Hinsicht aufzuweisen. Beispielsweise waren bei den meisten Magersüchtigen, mit denen ich gearbeitet habe, beide Elternteile alkoholabhängig, und bei vielen meiner depressiven Klientinnen gab es zumindest einen alkoholabhängigen Elternteil. Wenn Sie also aus einer Familie mit Alkoholproblemen stammen, sind Sie aus zwei verschiedenen Gründen für Depressionen anfällig: wegen Ihrer Vergangenheit und wegen Ihrer genetischen Veranlagung. Tragischerweise hat vielleicht gerade die Beziehung zu einem Menschen mit dieser Krankheit einen besonderen Reiz für Sie. Aus Norwood, Robin Wenn
Frauen zu sehr lieben, Rowohlt Verlag 1986 |