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Abwischen des Allerwertesten mit Papier eignet sich nicht für
Analekzem-Patienten
Medical Tribune Kongreßbericht
Von Adela Kraus-Zatecky
Wir alle tun es fast täglich, viele sogar mehrmals am Tag. Doch selten kommt uns dabei
der Gedanke, ob es denn auch richtig ist, was wir da tun: die Säuberung der Afterregion
nach Defäkation mit Toilettenpapier. Im Gegenstandskatalog der Medizinerausbildung kommt
dieses Thema nicht vor. Wissenschaftliche Studien zur optimalen Analhygiene gibt es
offenbar auch nicht. Was also sollen Ärzte Patienten raten, die sie mit einem Analekzem
konsultieren?
Auf einer Fortbildungsveranstaltung der KV Hessen haben Proktologen und Dermatologen Tips
für die Praxis gegeben. "Unsere kulturell festgelegte Reinigungsweise mit
Toilettenpapier ist für ekzematöse Zustände ungeeignet, weil sie Fusseln
hinterläßt", sagte Dr. Inge Hochscheid aus Frankfurt am Main. Die niedergelassene
Dermatologin bedauert, daß in unserem Kulturkreis nicht in jedem Badezimmer ein Bidet
steht. Denn reines Wasser ist für die Reinigung des Analbereichs am besten geeignet.
Diese Reinigungsform ist vielen Mitteleuropäern völlig fremd. In anderen Teilen der Welt
- auch im gesamten islamischen Kulturkreis - gilt sie hingegen als selbstverständlich.
Doch nicht jeder Patient mit Analekzem kann über seinen kulturellen Schatten springen und
auf das Abwischen verzichten.
Feuchttücher zur Analhygiene können Kontaktekzeme auslösen
Diesen Patienten empfiehlt Hochscheid, zumindest auf Stoff umzusteigen. Dazu können zum
Beispiel ausgediente Bettücher in handgerechte Wischläppchen zerteilt werden. Auf Seife,
Schampoos und andere Zusätze sollte ebenfalls verzichtet werden. Aus diesem Grunde rät
die Frankfurter Dermatologin auch von handelsüblichen Feuchttüchern ab, da sie
Zusatzstoffe enthalten, die zu Kontaktekzemen führen können.
Für die anschließende Abtrocknung sollte natürlich ebenfalls kein Papier verwendet
werden - auch hier bietet Stoff wegen seiner geringeren Fusselneigung klare Vorteile,
betonte Hochscheid. Optimal wäre es allerdings, den Allerwertesten anschließend auf
niedriger Stufe zu föhnen - das vermeidet sowohl die Fusseln als auch die Reizung durch
Reibung.
Ein weit verbreiteter Fehler besteht in der Applikation von Salben. Salben rufen einen
"Folien-Effekt" hervor und fördern daher die durch das Schwitzen bedingte
Hautmazeration.
Sehr beliebt, aber ebenfalls problematisch, ist nach der Erfahrung von Hochscheid die
Verwendung von Kortisonpräparaten bei Hämorrhoiden. Denn auch ein leichtes Kortikoid
führt auf Dauer zur Hautatrophie. Dadurch wird die Haut leichter verletzbar.
Kortikoidhaltige Präparate sollten daher im Analbereich nur in Ausnahmefällen und nur
kurze Zeit angewandt werden.
Doch es gibt weitere budgetschonende Tips, was Patienten mit Analekzemen selbst tun
können. Bei der Wahl der Unterwäsche empfiehlt Hochscheid ihren Patienten am besten
Boxershorts, da diese die Belüftung der wunden Areale begünstigen. Auch die
Überbekleidung sollte deshalb locker und luftig sein.
Nicht immer, wenn es am Hintern juckt, sind Hämorrhoiden schuld. Viele Patienten, die mit
dieser Vermutung zum Arzt gehen, erhalten dort - für sie völlig überraschend - eine
ganz andere Diagnose. Der Grund dafür: "Erkrankungen im Enddarmbereich zeigen
häufig identische Symptome", erläutert Professor Alexan der Herold vom
Enddarm-Zentrum in Mannheim. Meistens sind dies Juckreiz oder Brennen in der Afterregion,
Nässen oder Schmieren, gelegentlich auch Schmerzen. Manche Patienten haben nach dem
Stuhlgang das Gefühl einer unvollständigen Entleerung. Rotes Blut am Toilettenpapier
oder auf den Ausscheidungen sowie Verdickungen oder Knotenbildungen weisen ebenfalls
darauf hin, dass die Ursache der Beschwerden im Bereich des Enddarms liegt.
Obwohl die meisten dieser Erkrankungen nur lästig und unangenehm, nicht aber gefährlich
sind, sollte ein Arzt immer und möglichst bald einen Blick darauf werfen. "Hinter
all diesen Symptomen kann sich auch ein Enddarmkrebs verbergen, der ganz ähnliche
Beschwerden verursacht", warnt Herold. Unbehandelt können jedoch beispielsweise
Feigwarzen entarten oder eine Analfistel zu einer Schließmuskelschädigung führen.
Hygiene, gesunde Ernährung und viel Bewegung beugen vor
Ursächlich steckt hinter Enddarm-Erkrankungen oft eine falsche Analhygiene.
Auch wer längerfristig unter Durchfall oder Verstopfung leidet, trägt ein höheres
Risiko, dass sich eine Veränderung im Analbereich bildet. Vorbeugend kann also schon eine
ausgewogene, vollwertige Ernährung zu einer gesunden Verdauung beitragen.
Weil eine hartnäckige Verstopfung dem Darm schaden kann, sollten Sie bei solchen
Problemen unbedingt den Arzt oder Apotheker ansprechen und sich beraten lassen. Vermeiden
Sie außerdem ein Pressen auf der Toilette. Länger als drei bis fünf Minuten sollte der
Besuch des stillen Örtchens nicht dauern. "Wenn man nicht kann, dann muss man eben
nicht", sagt Professor Herold.
Neben einer gesunden Ernährung sorgt regelmäßige Bewegung für eine Stärkung des
Beckenbodens und des Schließmuskels. In vielen Fällen bessert sich eine leichte
Verstopfung schon durch sportliche Betätigung. Ebenso wichtig ist die richtige Hygiene.
Reinigen Sie den Analbereich nach dem Stuhlgang gründlich, ohne stark zu reiben.
Feuchttücher leisten zwar gute Dienste, haben allerdings ein hohes Allergierisiko. 20 bis
25 Prozent aller Menschen vertragen die darin enthaltenen Duft- und Konservierungsstoffe
nicht. Die Folge sind Juckreiz und Brennen. Verwenden Sie besser nur lauwarmes Wasser zur
Reinigung. Besonders gut geeignet für die Analhygiene sind Bidets, die in Deutschland
aber selten eingebaut werden. Als Alternative gibt es Toiletteneinsätze aus Kunststoff.
Sie können sie auch für Sitzbäder verwenden, die mit Zusätzen von Eichenrinde oder
Kamille bei gereizter Schleimhaut Linderung verschaffen und den Heilungsprozess
unterstützen.
Doch Vorsicht: Sosehr sich die Symptome der verschiedenen Enddarm-Erkrankungen auch
ähneln, so unterschiedlich ist deren Therapie. Ein Arztbesuch ist in jedem Fall
notwendig, denn meistens lassen sich die Beschwerden nicht mit einfachen medikamentösen
Maßnahmen behandeln.
Apotheken Umschau; 22.09.2005
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